| Lauschet
lauschet
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Das ist der Höhe.(Punkt)
Bist du es
der den Wind verpfeift, ***************************Weinraub
„Was möchtest du trinken?“, will Claus wissen. Gedankenverloren spielt Friedrich am festen Wachs eines Flaschenhalses, in dem eine grüne Kerze steckt. Die Flamme kann sich nicht entscheiden, ob sie brennen oder erlöschen möchte. Wenn er jetzt spricht, denkt er, nimmt er ihr die Freiheit, selbst zu entscheiden, also schweigt er vorläufig. Das schwache, blaue Flämmchen wird kräftiger, wobei sie sich lebenslustig und mutig zur Deckenleuchte reckt . „Claus, mir ist heute nach einem Weizenbier. Hast du die Unterlagen für die nächste Verhandlung mit?“ „Ja, Friedrich, eigentlich...“ Ein Kellner, im perfekt sitzenden Anzug, unterbricht sie und verbeugt sich leicht. „Guten Abend die Herren, was darf ich Ihnen heute servieren?“ „Wir hätten gerne ein Weizenbier und einen Chateau Haut-Bages-Liberal“, verkündet Claus. „Ein Weizenbier? Sie hatten letzte Woche beide den Chateau Haut-Bages-Liberal.“ „Ja,“, Friedrich puhlt weiter am Wachs und freut sich über die gelb-rote Flammenpracht. „den mochte ich nicht.“ „Den mochten Sie nicht?“, nervös tänzelt der Kellner, wobei die Hosenbeine leicht flattern, „guter Mann, wir sind ein renommiertes Weinlokal, mit einer exquisiten Weinauswahl, wie unsere Gäste immer wieder bestätigen. Der Winzer beliefert uns seit Jahren und bisher sind niemals Beschwerden eingereicht worden. Also, welchen Wein wünschen Sie?“, hakt der Kellner nach. „Ich hätte gerne ein Weizenbier“, beharrt Friedrich. „Was haben Sie gegen unseren Wein?“ „Gar nichts, er schmeckte mir nicht, weil er zu trocken war. Mir fehlte die fruchtige Nuance. Ich bekam Sodbrennen und hatte am nächsten Tag Kopfschmerzen.“ „Wieso beleidigen Sie uns?“ „Ich beleidige Sie doch nicht.“ „Natürlich tun Sie das und ich finde es sehr vermessen von Ihnen, uns unterschwellig Körperverletzung vorzuwerfen. Können Sie sich nicht anders ausdrücken?“ Der Anzug Kellner wirkt angriffslustig. Die Flamme tänzelt und flirtet mit dem Luftzug. „Wieso denn Körperverletzung? Ich wiederhole mich selten noch einmal, doch ich hätte gerne ein Weizenbier.“ „Also, verzeihen Sie, aber ich muss mich einmischen...“, versucht eine Frau ihr Glück. „Nein!“, unterbricht Friedrich, der nach Claus' Unterlagen greift und sich darin vertieft. „Ich bin Charlott von Wangenfels und Mitinhaberin des Weinlokals....“, versucht sie zu erklären. „Entschuldigen Sie! Ich hätte jetzt gerne ein Weizenbier und ein ruhiges, sinnvolles Gespräch mit meinem Freund. IST DAS MACHBAR?“, knurrt er. Frau Charlott von Wangenfels Kinnlade klappt herunter, um so viel Raumluft wie möglich in ihre ältlichen Lungenflügel zu befördern, als Claus dazwischenruft: „Ich bestelle zwei Weizenbiere und ein ungestörtes Gespräch.“ Quietschend entweicht die entführte Raumluft der netten Dame: „Das geht zu weit. Erst werden wir beleidigt und angegriffen und dann mischen Sie sich auch noch ein. Sie sind frech und haben wohl kaum die nötige Kompetenz uns Vorschriften zu machen.“ Der Anzug Kellner gerät in Bewegung: „Das stimmt, Frau von Wangenfels. Unsere Weine sind perfekt und müssen dementsprechend gewürdigt werden.“ Er dreht sich zu Claus: „Ich serviere Ihnen den Chateau Haut-Bages-Liberal.“ „Nein, wir möchten jetzt zwei Weizenbiere,“ erbost sich Claus. Friedrich starrt zur Kerze. Aus der Flamme ist ein bedauernswertes Flämmchen geworden. „Sie bekommen erst Bier, wenn ihr Freund sich bei uns für die beleidigenden Äußerungen entschuldigt hat“, verlangt der Kellner. „ER soll sich entschuldigen, weil der Wein zu trocken und zu wenig fruchtig für ihn war?“, wiederholt Claus entsetzt. Friedrich hört Claus' Füße über den Boden scharren und würde sich nicht wundern, wenn sich kleine Wolken an seiner Nase bildeten. Frau Charlott von Wangenfels beugt kopfschwenkend den Oberkörper zu Claus: „Und er soll sich auch für die unterstellte Körperverletzung entschuldigen.“ Im Lokal breitet sich eine abwartende, knisternde Stille aus. Niemand atmet und die Zeit bleibt an der fehlenden Luftbewegung hängen. Alle Gäste beobachten sie und hören den leisen Glockenton der Kühe auf der entfernten Weide. Friedrich steht brüsk auf. Sein Stuhl vollführt ungewollt einen akrobatischen Zwei-Bein-Tanz, bis er erschrocken umkippt. Die Flamme erlöscht und eine Rauchstraße weist den Weg zum Ausgang. „Claus, wir gehen zum Pub hier um die Ecke. Ich wünsche allen eine appetitliche Weinzeit.“ Während seiner Drehung rempelt er versehentlich eine Frau an. Sie zwinkert ihm zu und wendet sich an Frau von Wangenfels: „Liebste, Charlott, wo ist denn dein Franz?“ „Ach, liebe, Claudia, wie rührend und einfühlsam von dir, dich nach ihm zu erkundigen. Du weißt ja, dass wir gestern bei Luigi waren, um die Künste seines neuen Kochs zu beurteilen. Mein Göttergatte mochte den ersten Bissen schon nicht und prompt bekam er eine Lebensmittelvergiftung.“ „Aber, warum sagte er dem Koch nicht, das es nicht schmeckt?“ „Das hab ich ihn auch gefragt und er meinte, er hätte sich nicht getraut. Ich wies Luigi schon dezent darauf hin, dass er mit dem Koch seinen Laden bald schließen kann, aber er hört ja nicht auf mich. Unser Anwalt meinte allerdings, es wäre nur fair, ihn vorzuwarnen.“ Lautlos folgen Claus und Friedrich der Rauchspur.
******************************************************* Tinte und Feder Es heißt, die Sonne sticht extrem, bevor ein Gewitter herannaht. „Mist, ausgerechnet jetzt. Es ist wichtig, den Brief zu schreiben.“ Nochmals wühlt sie durchs Schatzkästchen und findet eine unbenutzte Flasche. Vorsichtig tunkt sie die Feder in die Tinte. Der vertraute Geruch steigt ihr in die Nase. Sie atmet ihre Erinnerungen ein, wie eine Erstickende. Ihr wird leichter zumute. Kurz senken sich ihre langen Wimpern. Ihre Hand ist ruhig, als sie die Feder aufs Papier setzt. Das kratzende Geräusch verursacht ihr eine wohlige Gänsehaut. ************************************************** |
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